Mein Cembalo

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Mein neues Cembalo

Artikel von Michael Bártek

Genesis

Das Cembalo ist ein historisches Tasteninstrument, Vorgänger vom Klavier. Es wurde vom 15. bis 18. Jahrhundert viel gespielt, aber auch heute nutzt man das Cembalo vor allem für die alte Musik als solistisches Instrument oder häufig für die Begleitungen («Basso Continuo»). Die Tonerzeugung des Cembalos beruht darauf, dass die Saite jeweils durch einen Kiel (dornförmiges Plektron) gezupft wird. Man kann das Cembalo daher auch als «Zupfinstrument mit Klaviatur» beschreiben. Anders als beim Klavier beeinflusst der Anschlag die Tonlautstärke nicht. Früher wurden alle Tasteninstrumente, also auch die Orgel, das Cembalo oder das Klavichord zusammenfassend «Klavier» genannt. Viele Stücke konnten auf mehre Tasteninstrumenten gespielt werden.

2008, während meines Erasmus-Studienaufenthaltes in Strasbourg, habe ich mich fürs Cembalo als zweites Instrument eingeschrieben (mein Hauptinstrument war natürlich die Orgel). Ich habe eine wunderbare Dozentin bekommen: Aline Zylberajch. Ich bin später in Strasbourg geblieben und bei Aline habe ich das Cembalo bis 2013 weiter gemacht. Aus dieser Zeit habe ich auch ein kleines Cembalo-Diplom. Es waren wunderbaren Jahre und ich habe von Aline viel gelernt. Geübt habe ich ausschliesslich an der Schule, ich hatte früher kein eigenes Instrument, obwohl mir die Familie Zylberajch-Gester für einige Zeit ein Virginal (kleiner Typus vom Cembalo) ausgeborgt hat.

Nach vielen Jahren und Geld Sparen habe ich mich entschieden, ein neues Cembalo bauen lassen. Es hat verschiedene Gründe. Cembalos baut man nicht serienweise wie z. B. ein Klavier, es ist Einzelarbeit, oft nach den historischen Vorgaben. Zweitens, die Nutzungsdauer des Cembalos ist limitiert, das Holz altert, darum lohnt sich nicht unbedingt ein Occasion-Instrument anzuschaffen.  

Mit dem Cembalo kann man zuhause ziemlich leise üben (hoffentlich werde ich meine Nachbarn nicht viel stören… aber wir werden sehen…!), man kann das Cembalo mit dem Auto transportieren, um ein Konzert zu spielen; solo, in einem Ensemble oder im Barockorchester – es gibt viele Möglichkeiten.

Besuch beim Cembalobauer

Die Instrumente der Firma Vyhnálek in Hovorčovice bei Prag in Tschechien (mein Heimatland) sind sehr gefragt. Herr František Vyhnálek hat seine Instrumente schon während des Kommunismus angefangen zu bauen, in der Zeit, als die Tschechoslowakei im Informationsvakuum des Ostblocks stand. Nach schweren Anfängen hat er sich zu einem europaweit sehr bekannten Cembalobauer hochgearbeitet. Seine Instrumente sind so gut, dass die Firma keine Website braucht. Er bekommt ständig Anfragen und man muss für die Instrumente mehre Jahren warten. Vor einigen Jahren, nach seiner Pensionierung, hat sein Sohn Martin die Manufaktur übernommen. Seine Instrumente erreichen denselben Hochstandard.

Im Januar 2022 habe ich sein Atelier besucht. Er hat mir seinen Arbeitsraum gezeigt und wir haben ein einmanualiges Instrument (d. h. mit einer Tastatur – das Cembalo kann ein, zwei oder selten drei Manualen haben) in einem franko-flämischen Stil vereinbart. ´

Mein Cembalo, mein Wunsch

«Flämischer» Stil bedeutet, dass das Instrument nach den Vorlagen der Instrumente der Familie Rückers aus Antwerpen in 16.-17. Jahrhundert gebaut ist. «Franko-» bedeutet, dass das Cembalo über die Verlängerung des Tonumfangs verfügt, so wie die Franzosen die Instrumente von den Rückers später im 17. und 18. Jahrhundert umgebaut haben. Mit dem grösseren Tonumfang kann ich problemlos auch spätere Literatur, die «mehre Noten braucht», spielen. Ein einmanualiges Instrument habe ich gewünscht, weil es für meine Zwecke reicht und das Instrument auch leichter zum Transportieren ist.

Im Dezember 2023, nach fast zwei Jahren, war mein Instrument endlich fertig und ich konnte es bereits fürs Weihnachtprojekt Schütz-Vivaldi in der ref. Kirche verwendet.

Der Cembalobauer hat mir erklärt, dass verschiedene Sorten Hölzer für verschiedene Teile meines Cembalos verwendet wurden: Pappel, Eiche, Fichte, Linde, Ebenholz, Kirsche, Nussholz, Elsbeere, Erle, Ahorn, Buche, die alle aus verschiedenen Ecken der Tschechischen Republik stammen… Ausser dem Holz arbeitet man mit Rindknochen für die Tastatur. Die Metallteile muss ein Kunstschmied auf Mass machen. Die Saiten und die Kiele kauft man…

Nach der Tischlerarbeit kommt die Tapezierung und Malerei an die Reihe. Die Malerei macht eine spezialisierte Malerin aus Prag. In der alten Zeit waren lateinische Sprüche auf dem Deckel sehr beliebt. Für mich wollte ich: «SIC PARVIS MAGNA» auf links und «NULLA ROSA SINE SPINIS» auf rechts. Das erste Motto bedeutet «so gross und klein» oder besser «vom Kleinen zum Grossen»; dieses hatte Sir Francis Drake auf seinem Wappenschild graviert. Der zweite Spruch bedeutet «keine Rose ohne Dornen». Die Kombination von beiden beschreibt ein bisschen meine Philosophie: Bevor wir grossen Sachen erreichen (und an einer schönen Rose riechen), müssen wir durch vielen kleinen Drangsalen und Dornen gehen. Weitere Bedeutungen soll jeder gerne erfinden.

Die Malerin hat das Motiv von den Rosen herrlich entwickelt, ausserdem hat sie einen Vogel und einige andere Blumen gemalt, ganz im Stil, was für solche Instrumente zu erwarten ist, gleichzeitig aber mit voller Fantasie. Jeder möge sagen, ob das Resultat gelungen ist!

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