Das von Freiherren von Wädenswil um ca. 1230-1250 gestiftete Richterswiler Kirchlein kann nicht mit zuverlässiger Genauigkeit dargestellt werden. Nach verschiedenen Vergleichen mit Forschungsergebnissen über ähnliche Bauten aus der gleichen Zeit, hält Peter Ziegler eine der drei hier von Peter Stähli gezeichneten Formen für wahrscheinlich.
Reformierte Kirche Richterswil in Daten
1265 Die Unterschrift eines Zeugen in einem Gerichtsverfahren lautet auf: "Uolricus plebanus de Richtliswile" (plebanus = Leutpriester), ein gesicherter Hinweis, dass in Richterswil eine Kirche steht. Vermutliches Erstellungsdatum zwischen 1230 und 1250.
1287 Das Kirchlein ist dem Heiligen Martin geweiht. Die erste Frau des Freiherrn Rudolf III, Anna von Bürglen, schenkte dieser Martinskirche mehr als dreissig wertvolle Reliquien. Das Patronatsrecht (einen Priester zu bezeichnen, den der Bischof einsetzt) und somit auch das "Freiherrenkirchlein" in romanischem Stil, gehen mit dem Verkauf der Herrschaft von Wädenswil an den Johanniter-Orden über.

1450-1490 Der Komtur Johannes Lösel lässt am Martinskirchlein den alten viereckige Chor durch einen sehr schönen sechseckigen in gotischem Stil ersetzen.
1472 Ein neuer Turm wird angebaut und auf dessen Südseite eine Sonnenuhr angebracht.
1529 Das Kirchlein wird auf Gemeindebeschluss für die Reformation umgestaltet: Bilder und Altäre werden hinausgeworfen und verbrannt. Ein relativ neues Kunstwerk, eine schöne Gruppe von Holzfiguren, die den Tod Marias darstellt, wird den Wollerauern übergeben.
Erste erhaltene Darstellung der Richterswiler Kirche. Zeichnung vom 16jährigen Theologiestudent Heinrich Meister aus dem Jahre 1716, ein Jahr vor dem Umbau der Kirche. Hinten rechts ist noch die Kirche in Stäfa zu sehen.
1717 Auf Antrag der Richterswiler willigt der Rat von Zürich einem Kirchenneubau zu. Er verspricht einen Beitrag von 400 Gulden an die auf 2000 Gulden veranschlagten Baukosten. Das Schiff der Freiherrenkirche wird abgebrochen und durch einen grösseren Neubau im einfachen Landbarockstil ersetzt. Der schöne gotische Chor und der Turm mit der Sonnenuhr bleiben bestehen.
Das 1717 erbaute Kirchenschiff, an dem noch der alte Turm steht, der an seiner Südseite eine Sonnenuhr hatte. Von O. M. Müller nach zwei zeitgenössischen Darstellungen gezeichnet.
1766 Ein Blitzeinschlag beschädigt den Turm arg. Der berühmte Teufener Baumeister Johann Ulrich Grubenmann wird mit der Restaurierung des Turms beauftragt. Der Turm wird etwas erhöht und auf allen vier Seiten über den Doppelfenstern eine Uhr angebracht. Hinter den Doppelfenstern hängen die grosse Glocke von 1536 und die Kleine von 1592.
Die Kirche nach der 1766 durch J. U. Grubenmann ausgeführten Turmrenovation. Gravur ca. 1790 von Johann Jakob Aschmann. Original: Zentralbibliothek Zürich
1772 Es kommt eine dritte, mittelgrosse Glocke dazu.
Das Aquarell des bekannten Dichters und Politikers Gottfried Keller: Alte Kirche von Richterswil, 1838. Original: Zentralbibliothek Zürich
Alte Kirche Richterswil von Osten mit dem 1766 neu gestaltenen Turmhelm. Zeichnung von Ludwig Schulthess, 1843.
Original: Zentralbibliothek Zürich
1873 Die Kirchgemeinde feiert den Pfarreinsatz und die Weihe von vier neuen Glocken der Glockengiesserei Gebrüder Bodmer aus Neftenbach. In der Kirche finden nun 600 Personen Platz.
1874 Der Grossunternehmer Mäder von Andelfingen erstellt eine Uhr nach dem System Ungerer mit Stundenschlag und mit dem gleichen Gehäuse wie die im Neumünster in Zürich. Unteriberg kauft wie schon zuvor die Glocken auch die alte Uhr für ihre Kirche in Stöcken. Die Uhr ist später in die neue Reformierte Kirche umgezogen und dient bis heute im neuen Turm.
1895 Die Gemeinde ermächtigt die Kirchenpflege am 21. Juli 1895, die notwendigen Vorbereitungen für ein Renovations- und Vergrösserungsprojekt vorzunehmen.
1896 Die Kirchgemeindeversammlung vom 16. August 1896 lehnt die vom im Kirchenbau erfahrenen Architekten Paul Reber in Basel ausgearbeiteten Pläne ab und wünscht ein Projekt, das nicht mehr als Fr. 100’000.- kosten soll.
1897 Der Kirchgemeindeversammlung werden zwei Projekte der Architekten Kehrer und Knell in Zürich vorgelegt, beide werden abgelehnt. Auf Antrag von Jakob Gattiker zum Freihof erhält die bestehende erweiterte Kirchenpflege die Vollmacht und den Kredit, Plan und Vorlage für einen Kirchenneubau zu unterbreiten.
1898 Jacob Zinggeler wird in die erweiterte Kirchenpflege gewählt.
1899 Der Kaufvertrag mit den Gebrüdern Bär für das Grundstück «Im Wydiger», das der geeignete Standort für die neue Kirche sein soll, wird nach komplizierten Verhandlungen genehmigt. Der Kaufpreis beträgt Fr. 35’000.-. Die Architekten Kehrer und Knell beginnen mit der Ausarbeitung eines Bauprojektes mit 1000 Sitzplätzen. Der Neubau soll im neugotischen Stil mit kreuzförmigem Grundriss entstehen.
Das Innere der alten Kirche mit dem Chor, dem Taufstein aus Marmor, der heute in der neuen Kirche steht. Rechts an der Wand der Cylinder-Kachelofen, an der Decke eine Uhr…
1901 Architekt Knell stirbt unerwartet im Alter von 50 Jahren. Architekt Jacques Kehrer ist nun alleinige Gestalter des Projektes und Oberbauleiter.